Seit über 20 Jahren hat das Stuttgarter Ballett Maurice Béjarts Lieder eines fahrenden Gesellen nicht mehr getanzt. Nun kehrt dieser ausdrucksstarke, intensive und schlicht wunderschöne Pas de deux für zwei Herren auf die Bühne des Opernhauses zurück. Ursprünglich für die Ballettlegenden Paolo Bortoluzzi und Rudolf Nurejew kreiert, stellt dieses Werk die Suche eines jungen Mannes nach sich selbst und seinen Kampf gegen die Einsamkeit dar. Gustav Mahlers gleichnamige, der Choreographie zugrunde liegende Lieder nehmen unter den Liederzyklen, die er komponierte, einen besonderen Platz ein. Immerhin dichtete der Komponist ausnahmsweise die Texte selbst, und so erkennt man hier wie in keinem anderen Werk Mahlers autobiographische Züge.
Fahrende Gesellen, so könnte man auch Demis Volpi und Edward Clug bezeichnen, die das Repertoire des Stuttgarter Balletts im Rahmen dieses Ballettabends um zwei neue Stücke erweitern werden. Natürlich haben beide eine künstlerische Heimat – Demis Volpi wurde erst kürzlich zum Hauschoreographen des Stuttgarter Balletts ernannt, Edward Clug leitet als Direktor das Ballett Maribor – und doch sind sie wie alle Künstler Reisende: Immer auf der Suche nach Inspiration, häufig unterwegs, zu Gast auf den Bühnen der Welt. Auch in musikalischer Hinsicht streben die beiden Choreographen stets nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten und so haben beide für ihre Uraufführungen Kompositionen in Auftrag gegeben. Der renommierte amerikanische Komponist Michael Gordon, dessen Musik sowohl vom New Yorker Underground-Rock als auch von einem Studium an der Yale-University geprägt ist, wird die Klänge zu Volpis neuem Stück kreieren. Die musikalische Grundlage zu Edward Clugs Choreographie liefert der slowenische von Klassik und Jazz beeinflusste Komponist Milko Lazar, mit dem Clug regelmäßig zusammenarbeitet.
Edward Clug gab sein choreographisches Debüt 1998 gleich mit einem abendfüllenden Ballett: Tango für das Ballettensemble des Slowenischen Staatstheaters Maribor. Es folgten weitere Arbeiten für diese Compagnie, darunter auch Radio and Juliet (2005), eine avantgardistische Annäherung an Romeo und Julia. Edward Clug choreographierte weitere Ballette für Ensembles in Japan, Slowenien, Holland, Portugal, Schweiz, Deutschland und arbeitete mit Tänzern des Mariinsky Theaters St. Petersburg. Nach Pocket Concerto und Ssss… kreiert er nun sein drittes Werk für das Stuttgarter Ballett.
„Ich suche ständig nach etwas Neuem“, sagt der in Buenos Aires geborene Demis Volpi. Er ist Absolvent der John Cranko Schule und wurde in der Spielzeit 2004/05 als Tänzer ans Stuttgarter Ballett engagiert. Schon früh machte er mit Choreographien für die Stuttgarter Noverre-Gesellschaft auf sich aufmerksam. 2010 kreierte er seine erste Uraufführung für das Stuttgarter Ballett: Big Blur. Bald arbeitete er auch international, präsentierte seine einfühlsamen und sensiblen Choreographien u.a. in New York und Santiago de Chile. Zum Hauschoreographen wurde er nach der Uraufführung seines ersten großen Handlungsballetts Krabat im März 2013 ernannt.